Fahrt zur Uni, oder: kleine Deutschlandtour (knapp 800 km)
Im Sommer 2024 kam per E-Mail von der Uni Münster eine Einladung zum Alumni-Tag mit Weiterbildungsveranstaltung. Da reifte im Hinterkopf die Idee evtl. mit dem Rad zu fahren. Von Oberfranken nach Münster. Müsste ja irgendwie gehen, zumindest auf ein paar Etappen. Eine Woche vorher habe ich dann die Routen geplant und div. Übernachtungen gebucht. Zurück sollte es nicht auf dem gleichen Weg gehen, sondern erst mal direkt von Nord nach Süd nach Frankfurt/M. Ich wollte noch eine für mich neue Landschaft, das Sauerland, erfahren.
Start war am Donnerstag 5.9., mit meinem Bianchi Rennrad, hinten kleine Satteltasche (Ortlieb Sattlebag Two 4,1 Ltr) und ansonsten alles Gepäck im Rucksack (Deuter Super-Bike 18 Exp).
In der Früh gegen 4 Uhr startete ich, die Route führte mich nach Coburg und Bad Rodach, dann ging es schon rein nach Thüringen. Kaum in Thüringen auf einer Ortsverbindungsstraße (links und rechts Maisfelder) hupte ein Auto und ich dachte, na, das ist ja eine schöne Begrüßung, dann sah ich aber, dass ein ausgewachsenes Wildschwein über die Straße rennt. Zum Glück niemand was passiert.
Es ging zunächst auf die beiden Gleichberge zu und um den großen Gleichberg herum
Und gleich am Berg liegt die dazu passende Ortschaft, nämlich: Gleichamberg (Stadt Römhild, Kreis Hildburghausen).
Die Route war abwechslungsreich, weiter ging es am „Keltenradweg“.
Versammlung der Schwalben, die schon aufgeregt vor ihrer Afrika-Reise sind:
Nach ca. 100 km war Meiningen erreicht, Zeit für eine Pause.
Interessant die Ratsstuben mit Fahrrädern an der Fassade:
Es ging auf wunderbaren Wegen durch Thüringen und ich kann sagen: Thüringen ist wirklich schön! Auf meiner Route zwischen Thüringer Wald und Rhön mit den sanften Hügeln und vielen Kuhweiden kam mir das zuweilen vor wie im Voralpenland. Nach Meiningen fielen mir die besonders schön gestalteten „Meilensteine“ am Straßenrand auf, 5 km nach Meiningen, 10 km, 15 km. Jedesmal dachte ich, jetzt fotografiere ich den nächsten und dann bog die Straße ab ins Katzatal. Die Katza ist ein kleiner Fluss der dann bei Wasungen in die Werra fliesst. Die Werra begleitete mich gewissermassen bereits ab Untermaßfeld.
Katza hört sich natürlich nach Katze an, der Flußname leitet sich aber vermutlich von „Kat“ (für Graben) ab. Trotzdem steht in Mehmels im Katzatal eine Katzenstatue. Die musste ich natürlich fotografieren.
Die Route führte weiter über Wasungen und Breitungen nach Kloster Allendorf (bei Bad Salzungen) und hatte bis Kloster Allendorf zum einen einen sehr schönen Radweg im Tal als auch dann einen „geteerten Singletrail“ durch den Wald im Programm.
Hier ging es dann auch wieder bergauf. Die Landschaft veränderte sich dann und wurde breiter, der lange rechts von mir verlaufende Thüringer Wald endete.
Nach Thüringen kam Hessen und als ich in der Nachmittagshitze (es war richtig heiß – nicht nur heiß > 30°C sondern auch noch beständig mit heißem Wind, so dass ich mir dachte, ich werde heute nicht nur gegrillt sondern auch unentwegt heißluft ausgetrocknet) diesen Berg am Horizont erblickte, meinte ich erst eine Fata Morgana zu sehen.
Die Strecke führte mich zunächst durch das Werra-Suhl-Tal und in Hessen dann über das „Richelsdorfer Gebirge“, Ulfen, Breitau, Wichmannshausen, Bischhausen, Waldkappel sowie Walburg (Werra-Meißner-Kreis) und rechts davon befindet sich der Hohe Meißner.
Weiter ging es nun auf Kassel zu, dazu war noch mal ein ordentlicher Berg zu überwinden, dann über Hessisch Lichtenau wieder runter nach Helsa. Über Kaufungen (viele schöne Fachwerkhäuser) ging es dann nach Kassel rein und mitten durch.
Kassel hat richtig gute Radstrecken durch die Stadt. In Breuna (ca. 35 km hinter Kassel) war meine erste Übernachtung gebucht, dort kam ich nach genau 294,64 km um 18.45 Uhr an. Erste Tagesetappe geschafft.
Der nächste Tag war spannend, denn ich stand unter „Terminstress“, ab 13 Uhr sollte in Münster die Uni-Veranstaltung beginnen und es waren noch 160 km. Also wieder Aufbruch in aller Frühe als es noch dunkel war, es war immer noch richtig warm, und so ging es durch das nächtliche Warburg in Richtung Willebadessen über das Eggegebirge nach Paderborn. Witzig war, als mir irgendwann gegen 5 Uhr auf einsamer Straße ein Licht entgegenkam und dann ein fröhliches „Moin“ eines anderen Rennradfahrers mir entgegenschallte. Wieder abwechslungsreiche Route, leider aber auch ein völlig unnötiger Gravel-Abschnitt, der echt katastrophal war, da habe ich bei der Planung zu wenig genau draufgeschaut, aber in der Nacht bzw. im noch dunklen Morgen fährt man halt strikt nach dem, was angezeigt wird. Einen halben Kilometer weiter ging es wieder exakt auf die Straße wo ich auch hingekommen wäre, wenn ich eben direkt auf der Straße geblieben wäre.
Es wurde hell und mein vorderes Licht ging aus. Glück gehabt, Akku leer. Hinten habe ich vorsichtshalber mehrere Rücklichter. Die Wegweiser zeigten schon nur noch 20 km bis Paderborn an. Dann noch ein letzter steiler Hügel, man kam auf einen Radweg neben der Haupstraße die schon von etlichen morgendlichen Radpendlern frequentiert war und konnte ins Tal auf Paderborn blicken. Die deutsche Mittelgebirgsschwelle war überwunden, vor mir die Westfälische Bucht. Eine schöne Abfahrt nach Paderborn runter und nun praktisch kaum mehr Höhenmeter.
Nach Paderborn ins Münsterland. Ein faszinierendes Geflecht von kleinen Straßen, die die Höfe und Bauerschaften die da verstreut liegen verbinden. Bretteben ging es dann nach Rheda-Wiedenbrück, Warendorf und endlich nach Münster.
Ankunft ca. 11.30 Uhr, Rad in der mir bekannten Radstation meines Vertrauens (angeblich die größte in Deutschland) zur sicheren Aufbewahrung abgegeben, im Hotel am Hauptbahnhof eingecheckt, geduscht, umgezogen und dann auf den mir noch so vertrauten Wegen in die Innenstadt, Blick in die Ludgerikirche
und pünktlich zum Veranstaltungsbeginn um 13 Uhr in den Räumlichkeiten in der Königstraße am Kettelerschen Hof dagewesen.
Nächster Tag, Samstag, im Prinzip Ruhetag, nur 40 km Fahrt nach Hamm ins BB-Hotel zur nächsten Übernachtung. Hamm kenne ich und mag ich, auch wenn es viele für keine schöne Stadt halten, aber wie gesagt, ich mag die Stadt. Bin von dort vor Jahren während meines berufsbegleitenden Zweitstudiums immer mit der Bahn nach Münster gependelt.
Bei Albersloh:
Auch wenn es nur 40 km sind, über Albersloh und Drensteinfurt
kommt man bei Bockum-Hövel wieder eine andere Kulturlandschaft, nämlich in den östlichsten Rand des Ruhrgebiets. Und es grüßt ein Förderturm:
In Hamm war am Samstag eine Art Stadtfest mit toller Musik und ich habe den Ruhetag noch bei sommerlichen Temperaturen genießen können.
Sonntag in aller Frühe dann wieder Aufbruch zur nächsten langen Etappe. Um die 250 km nach Frankfurt am Main. Und die Wetteraussichten etwas durchwachsen. Der Sommer gehe zu Ende, hieß es. Also versuchte ich zunächst möglichst schnell voran zu kommen, erst durch Werl dann Richtung Arnsberg.
Am Ortsende von Hüsten dann leider ein platter Hintereifen aber zum Glück auch meine einzige Panne dieser Tour. Ersatzschlauch hatte ich dabei und die Ursache war auch gefunden, ein winziges Metallstück, dass sich durch den Mantel in den Schlauch gebohrt hatte.
Auch einen neuen Schlauch auf Vorrat konnte ich an diesem Sonntag Morgen an einem Schlauch-Automaten bei einem großen Fahrradhändler in Arnsberg mir ziehen. Das beruhigt schon mal ungemein für die Weiterfahrt.
Es war sehr „mittelgebirgig“ durch das Sauerland. Hoch nach Jagdhaus bei Schmallenberg war der erste hohe „Zacken“ im Höhenprofil, hier ging es hoch auf ca. 650 mtr.
Ein zweiter Berg über 600 mtr. sollte gleich danach noch kurz vor Bad Laasphe kommen. Auch danach immer wieder knackige Anstiege. Und der Regen kam am Nachmittag. Den ersten Durchgang lt. Regenradar saß ich noch untergestellt aus. Dann hatte ich Glück, bis Gießen blieb es einigermassen trocken. Erst 20 km vor dem Ziel (Frankfurt Eastend – Hanauer Landstr.) regnete es wieder was das Zeug hält. Nässer als nass kann man nicht werden und es war auch im Regen noch überhaupt nicht kalt also fuhr ich mit Regenjacke und kurzer Hose durch bis zum Ziel. Mittlerweile wieder in der Dunkelheit. Vom Norden her durch Bad Nauheim, Friedberg und Bad Vilbel und dann nach der Frankfurter Stadtgrenze durch Riederwald.
Montag Ruhetag in FFM.
Am nächst Tag dann per Bahn direkt vom Ostbahnhof in Frankfurt nach Bamberg und die restlichen 45 km nach Hause geradelt.
Wunderbare Landschaften und Gegenden von denen man auf der Autobahn oder im Zug nicht so viel sieht. Ich habe (auch vor allem durch die Nachbereitung) soviel über die verschiedenen Landschaftsräume gelernt und vor allem die Landschaften selbst im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Die Flüsse, die ich dabei berührt habe, waren: Main, Werra, Fulda, Lippe, Ems, Ruhr, Eder, Lahn und Wetter. Viele viele Fachwerkhäuser in der Gebrüder Grimm Heimat von Nordhessen. Alles in allem knapp 800 km (793,24 km und 5.424 Hm) durch Deutschland. Und es war schon fast märchenhaft, dass es wirklich keinerlei Probleme mit PKW/LKW Fahrern gab.